Walter Thiel

Mit unfassbarem Schock und tiefer Traurigkeit habe ich erst jetzt vom Tod des Überfliegers der Theoretischen Chemie in Deutschland erfahren, dem ich während meiner Diplomarbeit in der AG von Armin Schweig (Theoretische Chemie, Philipps-Universität Marburg) begegnet war, während er dort nach seiner "postdoc"-Rückkehr aus dem Arbeitskreis von Michael Dewar (UT Austin, USA) an seiner Habilitation arbeitete. Es war damals schon erkennbar, dass Walter die wissenschaftlichen Fähigkeiten zum Weltklasse-Theoretiker hatte. Und ich habe mir so manchen Ratschlag von ihm geholt, zu den von ihm entwickelten semiempirischen, quantenmechanischen Berechnungsverfahren/Näherungsmethoden (MNDO), welche ich--als Computerprogramm für die Cyber 174 des HRZ Gießen--auch für die theoretische Simulation einer chemischen Reaktion genutzt hatte, die für meine Dissertation eine Rolle spielte.

Obschon mich die wissenschaftliche Kreativität und Souveränität von Walter unendlich beeindruckte, war ich mindestens ebenso angetan von seiner sanftmütigen Menschlichkeit, Bescheidenheit und Uneigennützigkeit, mit welcher er in potentiellen Konfliktsituationen sets um Konsens bemüht war.

Ich kann es immer noch nicht fassen, dass der nur um ein Jahr ältere Walter Thiel nicht mehr unter uns weilt, und möchte hiermit auch seiner hinterbliebenen Familie mein tiefstes Beileid und Mitgefühl bekunden.